Antragsteller*in: | Catharina Nies (KV Ostholstein), Uta Röpcke (KV Hzgt. Lauenburg) |
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F 1: Geflüchtete und zugewanderte Frauen und Mädchen schützen und stärken – Istanbul Konvention in Schleswig-Holstein konsequent umsetzen
Antragstext
Geflüchtete und zugewanderte Frauen und Mädchen schützen und stärken – Istanbul
Konvention in Schleswig-Holstein konsequent umsetzen
Bündnis 90/ Die Grünen Schleswig-Holstein setzen sich für die Stärkung und den
Schutz zu uns geflohener Frauen und Mädchen ein. Denn nach der Flucht darf sich
niemals wie auf der Flucht anfühlen.
Frauen und Mädchen, die aus ihrer Heimat fliehen, waren und sind leider oftmals
geschlechtsspezifischer Gewalt ausgesetzt: systematischer sexualisierter Gewalt
in bewaffneten Konflikten, (ritueller) Körperverletzung durch weibliche
Genitalverstümmelung, Frauenhandel, sexueller Versklavung oder auch
Diskriminierung innerhalb patriarchaler Familiensysteme. Darüber hinaus werden
sie – genauso wie hiergeborene Frauen und Mädchen – nach wie vor viel zu oft
Opfer häuslicher Gewalt.
Die sogenannte „Istanbul Konvention“, die Europaratskonvention „Verhütung und
Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt“ vom 11. Mai 2011 ist
per Gesetz[1] zum 01. Februar 2018 in Deutschland in Kraft getreten. Die
Konvention manifestiert das Recht aller Frauen und Mädchen auf ein Leben ohne
Gewalt und ist der bislang bedeutendste Gewaltschutzvertrag in Europa. Zugrunde
gelegt wird ein weiter Gewaltbegriff. Diesem nach sollen nicht nur
geschlechtsspezifische Gewaltformen staatlich und zivilgesellschaftlich bekämpft
werden, sondern darüber hinaus auch gewaltbedingende und -fördernde Strukturen,
Rahmenbedingungen und Diskriminierung.
Die in der Konvention verankerten Ziele und Vereinbarungen gelten für alle
Frauen und Mädchen – unabhängig von Staatsangehörigkeit, Aufenthaltstitel und
Herkunft.
Wir fordern deshalb, dass allen zu uns geflüchteten und zugewanderten Frauen und
Mädchen eben dieses Recht auf ein gewaltloses Leben in Deutschland auch zu Teil
wird und der Geist der Istanbul Konvention in unserem System aus Erstaufnahme,
Kreisverteilung, Ankommen, Aufenthaltsrecht und Teilhabe konsequent mitgedacht
und umgesetzt wird. Schleswig-Holstein wird für dieses Ziel nicht nur ein hohes
politisches, staatliches und gesellschaftliches Bewusstsein aufbauen, sondern
darüber hinaus Gewaltschutz in landesrechtlichen Regelungen mitdenken.
Schleswig-Holstein muss sich in diesem Sinne auch im Bundesrat dafür stark
machen, dass Gewaltschutz in aufenthaltsrechtlichen Regelungen berücksichtigt
wird und die Istanbul-Konvention auch im deutschen Asyl- und Flüchtlingsrecht
zur Maßgabe wird.
Länger als je zuvor sind durch die aufenthaltsrechtlichen Sanktionen der
aktuellen Bundesregierung geflüchtete Frauen und Mädchen aus Herkunftsländern
mit sog. offener oder schlechter Bleibeperspektive nach ihrer Ankunft in
Deutschland zunächst (oder grundsätzlich) in einer Landesunterkunft
(Erstaufnahmeeinrichtung) wohnverpflichtet.
Dieser Zustand erhöht die Gefahr von Gewalt für jede Einzelne von ihnen.
Große Sammelunterkünfte bergen unter anderem aufgrund der geringen Privatsphäre,
der immer noch existierenden Gemeinschaftssanitäranlagen, langen Wegen dorthin
bei Tag und Nacht und der vielen Menschen auf engem Raum ein hohes
Gewaltpotenzial – insbesondere für Frauen und Mädchen, aber auch für alle
LSBTIQ*Geflüchteten.
Bündnis 90/ Die Grünen wird dafür einstehen, dass das Land Schleswig-Holstein
all seine rechtlichen und strukturellen Möglichkeiten einsetzt, um diese
Wohnverpflichtung auf ein Mindestmaß zu reduzieren und das Ankommen sowie die
Unterbringung in Schleswig-Holstein gewaltsensibel zu gestalten.
Bündnis 90/ Die Grünen Schleswig-Holstein erkennen an:
Schutz braucht verbindliche Regeln.
Schutzstandards müssen deshalb in allen Sammelunterkünften in Trägerschaft von
Land oder Kommunen in Schleswig-Holstein verbindlich umgesetzt werden.
Jede Sammelunterkunft in Schleswig-Holstein braucht ein Gewaltschutzkonzept, das
sich an den Gewaltschutzstandards des Bundes und an der Istanbul Konvention
orientiert.
Für besonders vulnerable Gruppen wie gewaltbetroffene und bedrohte Frauen und
Kinder, alleinreisende Frauen, aber auch Menschen mit Behinderung, queere
Geflüchtete und Personen mit besonderer psychischer Belastung sollte sowohl die
Möglichkeit einer schnelleren Kreisverteilung als auch die Möglichkeit einer
schnellen und unkomplizierten länderübergreifenden oder landesinternen
Umverteilung bestehen, wenn dies ihrem Schutz dient.
Schutz ist kein Luxus, sondern elementar und darf nicht am Geld scheitern,
deshalb werden Haushaltsmittel für diesen Zweck auch explizit im Bereich Flucht
und Zuwanderung bereitgestellt. Wir brauchen eine Förderrichtlinie des Landes,
über welche Schutzmaßnahmen (z.B. Fachberatung) für geflüchtete und zugewanderte
Menschen finanziert und ausgebaut werden können.
Schutz ist kein Luxus, sondern ein Recht und darf nicht als Verwaltungsaufwand
abgetan werden. Deshalb ist es die Aufgabe jeder Behörde in der Landes- und
Kommunalverwaltung ihre eigene Arbeitsweise auf die Ziele der Istanbul
Konvention abzustimmen. Aber wir wissen auch, dass Gewaltschutz unter Druck und
bei hoher personeller Belastung leider oftmals nicht zu realisieren ist. Deshalb
muss an für Schutz besonders relevanten Stationen wie zum Beispiel
Sammelunterkünften für ausreichend und gut geschultes Personal Sorge getragen
werden.
Bündnis 90/ Die Grünen Schleswig-Holstein fordern deshalb:
Weg von Unterbringung – Hin zum gewaltsensiblen Bauen und Wohnen
- Die Umsetzung und Überprüfung von verbindlichen Mindeststandards für alle
Sammelunterkünfte in Schleswig-Holstein: Erstaufnahmeeinrichtungen,
Gemeinschaftsunterkünfte des Landes, Gemeinschaftsunterkünfte der
Kommunen, als GU nicht anerkannte Sammelunterkünfte der Kommunen.
Gewaltschutz muss vertraglich mit Dienstleistenden festgehalten werden
(z.B. in Kooperationsvereinbarungen mit Trägern von
Flüchtlingssozialarbeit).
Das bedeutet aber auch die Grenzen von Schutzkonzepten deutlich zu machen
und zu definieren, welche Personengruppen in einer Sammelunterkunft nicht
geschützt untergebracht werden können. So sollten alleinreisende Frauen
und Mädchen grundsätzlich nicht in Sammelunterkünften untergebracht
werden. Die Stadt Pinneberg hat die „Ausquartierung von Frauen und
Mädchen“ bereits erfolgreich umgesetzt und zeigt, wie es geht.
- Gewaltschutz muss ein zu berücksichtigender Faktor im Bau-, Sanierungs-
und Beschaffungswesen des Landes werden. (GMSH)
- Bei Gewalt oder Gewaltandrohung muss endlich rechtlich abgesichert sein,
dass die betroffene Person (unter Aufhebung ihrer Wohnsitzauflage)
unverzüglich landesintern oder bei Bedarf auch länderübergreifend
umverteilt werden kann.
Schutz realisieren: Strukturelle und (aufenthalts-)rechtliche Barrieren abbauen
und Frauen durch Beratung stärken
- Die Umsetzung einer individuellen, geschlechtsspezifischen und
gewaltsensiblen Asylverfahrensberatung (sowohl zentral an den
Landesunterkünften als auch dezentral/mobil in der Fläche) vor der
Anhörung im Asylverfahren (siehe Art. 60 Istanbul Konvention)
- Eine vollständige Umsetzung der Istanbul Konvention und Rücknahme der
deutschen Vorbehalte zu Art. 59 Abs. 2 und 3, um einen
ehegattenunabhängigen Aufenthalt auch unabhängig der im deutschen Recht
festgelegten 3 Jahre Mindestehezeit zu realisieren.
- Einen gesicherten Aufenthalt für gewaltbetroffene und bedrohte Personen,
wie beispielsweise Opfer von Menschenhandel.
Beide Forderungen müssen bundesrechtlich erstritten werden; hierfür soll
Schleswig-Holstein eine Bundesratsinitiative einbringen.Um Bedarfe und
Entwicklung besser einschätzen zu können, sollte eine Datengrundlage
geschaffen werden, wobei Schleswig-Holstein alle bei den Ausländerbehörden
gestellten Anträge auf ehegattenunabhängigen Aufenthalt, Aufenthalt für
Opfer von Menschenhandel (Ausbeutung als Arbeitskraft oder sexuelle
Ausbeutung), Zwangsprostitution sowie auf Umverteilung aufgrund von
Gewaltschutz von den Ausländerbehörden dokumentieren lässt und dazu eine
jährliche Statistik erstellt, inklusive der Ablehnungsgründe, der Anzahl
der bewilligten bzw. abgelehnten Anträge und der Bearbeitungszeiten.Diese
Jahresstatistik soll einmal jährlich in den Zuwanderungsbericht des
Landesinnenministeriums aufgenommen und dort veröffentlicht werden.
- Ein Festhalten an dem Frauenfokus des Humanitären Landesaufnahmeprogramms
Schleswig-Holstein (LAP SH).
Um Diskriminierung und Gewalt entgegenzuwirken, wird insbesondere auf folgende
Punkte hingewirkt:
- Die Auszahlung von Sozialleistungen an Bedarfsgemeinschaften (wie AsylbLG,
Kindergeld, SGB II) muss gleichberechtigt geschehen, d.h. es ist unbedingt
davon abzusehen, als Stammberechtigten grundsätzlich den (Ehe)Mann ins
System einzutragen und Geldleistungen auf dessen Konto auszuzahlen.
Stattdessen ist dafür Sorge zu tragen, dass die Leistungen ausschließlich
an Konten überwiesen werden, die namentlich auf beide Erwachsene einer
Bedarfsgemeinschaft laufen. Alternativ erfolgt ein Konto-Splitting und die
Hälfte der Leistungen wird auf das Konto der Frau ausgezahlt.
- Bei der Herausgabe von Pass- und Ausweispapieren durch Ordnungsbehörden
muss hohe Sensibilität für Gewalt und Gewaltspiralen vorherrschen und
gewährleistet werden, dass gewaltbetroffene Frauen ihre persönlichen
Dokumente selbst in Empfang nehmen und diese nicht an den Ehemann
herausgegeben werden.
- Die Ansprache und Beratung in Behörden sollte sich bei fremdsprachigen
Personen nicht auf den Ehemann zentrieren, sondern immer auf beide
Ehepartner*innen beziehen. Nur so kann die eigene Handlungsfähigkeit der
Frauen gestärkt werden.
- Zur Sensibilisierung der öffentlichen Verwaltung soll ein entsprechendes
Schulungsangebot vorgehalten werden.
Umfassende gesundheitliche Versorgung und Beratung sicherstellen durch
- einen Landesaktionsplan zum Umgang mit und Vermeidung von weiblicher
Genitalverstümmelung, mit dem Ziel alle behördlichen Ebenen und
Fachstellen sowie Ärzt*innen und Hebammen einzubinden und eine landesweite
Beratungs-, Versorgungs- und Präventionsstruktur für betroffene und
gefährdete Frauen und Mädchen aufzubauen (siehe Beispiel Hamburg) und
- Aufnahme des Themas in das Curriculum landesrechtlich geregelter
Gesundheits- und Sozialberufe.
[1]Gesetz zu dem Übereinkommen des Europarats vom 11. Mai 2011 zur Verhütung und
Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt vom 17. Juli 2017.
Begründung
Frauen mit Fluchthintergrund haben oftmals wiederholte Gewalterfahrung in ihrem Leben machen müssen, sehr oft vor der Flucht und auf der Flucht. Es ist unsere Aufgabe dafür zu sorgen, dass sie nicht auch noch in Deutschland und Schleswig-Holstein Opfer von Gewalt und Unterdrückung werden. Hier müssen Schutzmaßnahmen und -standards auf- und ausgebaut werden.
Dieser Antrag nimmt gezielt die Umsetzung von Gewaltschutz und Prävention für zu uns geflüchtete und zugewanderte Frauen und Mädchen und die Umsetzung der Istanbul Konvention im Bereich Flucht und Zuwanderung in den Blick.
Ziel der Konvention ist der Abbau von Gewalt gegen Frauen und Mädchen unabhängig ihrer Herkunft, ihres Aufenthaltsstatus, ihrer Sprache und ihrer Staatsangehörigkeit. Ziel ist auch einen Gewaltbegriff zu begreifen und zu etablieren, der umfassend alle Rahmenbedingungen meint, die gewaltfördernd wirken: also rechtliche und strukturelle Diskriminierung von Frauen und Mädchen und rechtliche und strukturelle Abhängigkeitsförderung von Frauen und Mädchen gegenüber den Männern in ihrer nahen Umgebung.
Das Land Schleswig-Holstein arbeitet derzeit – gemeinsam mit zivilgesellschaftlichen Akteur*innen und dem Büro des Landesbeauftragten für Flüchtlings-, Asyl- und Zuwanderungsfragen Schleswig-Holstein an einem neuen Schutzkonzept für die Landesunterkünfte. Kommunen können sich für kommunale Schutzkonzepte als Unterstützungsstelle an die vom Bund geschulten Multiplikator*innen für Gewaltschutz wenden und sollten dabei mit vor Ort etablierten Fachstellen wie KIK-Koordination, Frauennotrufen und Frauenhäusern zusammenarbeiten. Alle an diesem Thema arbeitenden Organisationen finden sich auf Landesebene in dem Fachgremium Geflüchtete Frauen Schleswig-Holstein wieder.
Finanzielle sowie aufenthaltsrechtliche Abhängigkeit kann ein Grund für gewaltbetroffene Frauen sein, in einem System von Gewalt oder Nicht-Gleichberechtigung zu verharren. Um diese Spiralen zu durchbrechen, brauchen wir hierzu eine landesweite Sensibilisierung in den Behörden sowie der Arbeitsverwaltung.
Aufenthaltsverfestigung hängt nach den jüngsten bundesrechtlichen Änderungen mehr denn je von der Identitätsklärung ab. Die an Passbeschaffung beteiligten Behörden sollten sich deshalb mit dem Umstand auseinandersetzen, dass Zwang und Gewalt auch über das Einbehalten von Pass- und Ausweispapieren ausgeübt werden kann und diese Opfern entwendet werden.
Gewalt beginnt mit struktureller Diskriminierung.
Die Gruppe der weiblichen Geflüchteten ist quantitativ kleiner und spielt leider nach wie vor im öffentlichen sowie politischen Bewusstsein eine zu geringe Rolle.
Dadurch findet eine strukturelle Marginalisierung dieser Frauen statt und es wird im politischen Raum gern übersehen, dass insbesondere geflohene Frauen spezifische Herausforderungen, Gewalterfahrungen und somit auch spezifische (Beratungs-)Bedarfe mitbringen können. Dies gilt insbesondere für den geschlechtsspezifischen Beratungsbedarf in der Asylverfahrensberatung.
Ein weiteres Beispiel ist die Ansprache und Kommunikation in Behörden. Zumeist wird mit den Männern stellvertretend für eine Familie gesprochen und diese als Stammberechtigte einer Bedarfsgemeinschaft im System eingetragen. Daraus folgt, dass Sozialleistungen oftmals wie automatisch auf das Konto des Ehemannes überwiesen werden. Kein Konto, kein Geld zur eigenen Verfügung zu haben und oftmals auch keinen von dem Ehemann unabhängigen Aufenthaltsstatus zu haben, das hat Auswirkungen auf Frauen und stärkt Abhängigkeiten. Überall da, wo Abhängigkeiten entstehen, vergrößert sich auch Gewaltpotenzial und minieren sich die Ausstiegsmöglichkeiten.
Die Anerkennung geschlechtsspezifischer Verfolgung ist leider nach wie vor verschwindend gering in Deutschland und die Quoten stehen in einem eklatanten Missverhältnis zur Realität. Das Aufzeigen von geschlechtsspezifischen Asylgründen ist noch lange nicht etabliert – Frauen und Mädchen im Asylverfahren (aber auch LSBTIQ*Geflüchtete) wissen oft nicht, dass sie das Recht auf Asyl hätten, wenn sie die entsprechenden Erfahrungen in der Anhörung beim BAMF (Kernstück des Asylverfahrens) auch aufzeigen und ansprechen würden.
Auch wissen viele Frauen nicht, dass sie das Recht haben, alleine, also ohne Familienmitglieder, und stattdessen mit einer anderen Vertrauensperson zu der Anhörung zu erscheinen, dass sie eine weibliche Anhörerin (Sonderbeauftragte für geschlechtsspezifische Verfolgung) beantragen können und eine weibliche bzw. speziell geschulte Person als Dolmetscher*in. Deshalb muss es für jede Asylbewerberi*n eine individuelle Asylverfahrensberatung vor jeder Anhörung geben, in der diese frauen- bzw. geschlechtsspezifischen Aspekte verständlich und vertrauensvoll erläutert werden können (auch für LSBTIQ*Geflüchtete).
Von geschlechtsspezifischer Gewalt betroffene Menschen müssen endlich gezielt auf ihre spezifischen Rechte innerhalb des Asylverfahrens hingewiesen werden. Und diese gezielte Beratung brauchen sie dringend vor der Anhörung. Denn alle Fakten und Schilderungen, die im Nachhinein eingebracht werden, finden i.d.R. keine Berücksichtigung mehr für die Entscheidung im Asylverfahren. Dafür brauchen wir in Schleswig-Holstein eine flächendeckende individuelle Asylverfahrensberatung. Diese fehlt derzeit leider und wird vom BAMF mit ihrem allgemeinen Gruppenangebot nicht im Ansatz kompensiert. Das Land Schleswig-Holstein ist hier in der Umsetzungspflicht.
Migrant*innen, die von häuslicher Gewalt betroffen und bedroht sind, müssen die rechtlichen Möglichkeit bekommen, sich aus ihrer Partnerschaft zu lösen, ohne die Sorge haben zu müssen, abgeschoben zu werden. Sie brauchen, unabhängig von bestehenden Mindestehezeiten, das Recht auf einen ehegattenunabhängigen Aufenthaltsstatus.
Am 1.2.2018 trat das Übereinkommen des Europarates zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt – die sog. Istanbul Konvention – in Deutschland gesetzlich in Kraft. Damit ist diese geltendes Recht in Deutschland. Leider sind die Bestimmungen noch lange nicht auf jeder Ebene und bei allen Akteur*innen angekommen, die mit Frauen und Mädchen in Kontakt stehen, diese beraten oder als Behörde Ansprechstelle sein sollten.
Das Land hat über den Landespräventionsrat eine Expert*innengruppe (die sog. AG 35) eingesetzt, die daran arbeitet, in den kommenden Jahren Maßnahmen zur Umsetzung von Istanbul in den Bereichen Bildung, Justiz, Hilfe und Schutz und weiteren zusammenzustellen.
Gleichzeitig gibt es aber notwendige Reformen, die zügig umgesetzt werden sollten und politisch schon jetzt in Angriff genommen werden müssen, weil sie offensichtlich und notwendig sind.
Bündnis 90/ Die Grünen Schleswig-Holstein muss sich hierfür einsetzen.
Außerdem sollten sich insbesondere auch die Kommunalverwaltungen dezidiert mit den Bestimmungen und der Haltung der Istanbul Konvention auseinandersetzen und diese in ihre Arbeit integrieren, Prozesse und Kommunikationsmuster entsprechend überarbeiten, Informationsblätter erstellen und Arbeitsweisen dahingehend überdenken und anpassen.
Als umfassendes völkerrechtliches Regelwerk gibt die Istanbul Konvention den Signaturstaaten wie Deutschland umfassende Handlungsverpflichtungen vor, die bereits 2020 das erste Mal von dem übergeordneten Kontrollverfahren GREVIO kontrolliert und nach Fort- oder Rückschritt beurteilt werden. Hierbei ist neben der Bundesebene auch die Ebene der Bundesländer und der Kommunen gefordert, die in ihren Kompetenzbereich fallenden Pflichten umzusetzen.
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